Wir verlassen den Pazifik und fahren zum Atlantik. Es geht an die karibische Küste von Panama, mit einem Zwischenstop in Boquete, einem Städtchen in den Bergen, umgeben von Kaffeeplantagen.
Unsere Hauswirtin verwöhnt uns jeden Morgen mit einer anderen Kaffeesorte. Leider geht der Kaffee von der eigenen kleinen Plantage zur Neige, so dass wir davon nichts mitnehmen können. Aber in Boquete gibt es zum Glück genügend Möglichkeiten, die brauen Bohnen zu erstehen. Etwas außerhalb der Stadt stoßen wir auf die erste große Rösterei. In dem kleinen Verkaufsraum sind die verschiedenen Röstungen gut sortiert. Die Beschreibungen erinnern mich an eine Weinverkostung, mal wird der Geschmack als rund und voll, mal als kräftig und blumig beschrieben. Es ist schwer, sich zu entscheiden. 
Wir probieren einen Espresso. Die Maschine auf dem alten Holztresen zischt und faucht, kräftig rüttelt die junge Frau an den Hebel der Espressomaschine. In der Tasse landet eine dunkle, sämige Flüssigkeit mit der Konsistenz eines Likörs.
Der Espresso schmeckt fast wie Kakao.


Nachmittags wandern wir zu einem Wasserfall, der Weg führt durch dichten Urwald und über lichtdurchflutete Wiesen. Ein alter Baum, an der dicksten Stelle misst der Stamm sechs Meter oder mehr, hält uns in seinem Bann. Ich muss ihn unbedingt anfassen und mich einen Moment an ihn lehnen. Es ist, als würde er mich in sein Leben ziehen, in eine Welt ohne Worte und Gedanken, in ein Da-Sein, das völlig anders ist als meines.
Später erfahren wir, dass wir einen der ältesten Bäume in ganz Panama sehen durften, älter als 2.000 Jahre. Zwei Löcher im Stamm zeugen von den beiden Vulkanausbrüchen, die er überlebt hat.

Am nächsten Morgen geht es weiter, über die Berge an die karibische Küste in einem gelben Pick Up Taxi. Das Gepäck landet auf der offenen Ladefläche, wir auf dem Rücksitz. Unser Fahrer spricht leider nur Spanisch und stellt uns sichtlich eine Frage. Wir verstehen kein Wort, da hilft es auch nicht viel, dass er uns sein Anliegen auf ein Blatt Papier schreibt.
Durch irgendwelche geheimnisvollen Kommunikationskanäle windet sich dann doch die Erkenntnis: Er möchte wissen, ob seine Frau mitkommen kann - aber natürlich! Kaum haben wir erleichtert genickt, gibt er Gas und kurvt uns durch ein Wohnviertel von David. Ein kurzes Hupen vor einem rotgestrichenem Haus und der Sonntagsausflug beginnt.

Er lenkt den Pick Up souverän durch die grüne Landschaft, sie schiebt immer wieder neue CDs in den Player. Der Rhythmus steckt an, die nackten Zehen wippen. Draußen ziehen Felder und Wälder vorbei, winzige Ortschaften und immer wieder überqueren wir kleine Flüsse. Durch die offenen Fenster ziehen abwechselnd frische und herbe Düfte durch das Wageninnere, ein Wechselspiel der Farben und Gerüche. Die Straße steigt stetig an, schmiegt sich an die Hügel, windet sich immer weiter die Berge hoch. Draußen ist es nun kalt und regnerisch, der Wind sprüht den Nieselregen durch das offene Fenster in mein Gesicht.


Dann haben wir den Pass erreicht und es geht wieder abwärts. Würde ich nicht deutlich spüren, dass es wärmer wird, es genügte ein Blick aus dem Fenster. Die Pflanzenwelt ist - kaum zu glauben - noch üppiger geworden. Unsere Fahrt geht durch dichten Urwald, rechts und links von uns Palmwedel, Farne und Bäume, die in den Himmel wachsen. Viele der Pflanzen kenne ich. Miniatur-Versionen zieren unsere Fensterbänke oder dunkle Zimmerecken. Doch hier gehören sie hin und können ihrem Lebenswillen freien Lauf lassen.
Sie können so sein, wie sie gedacht sind.

​Der dichte Urwald wird lichter, verliert sich in sanften grünen Hügeln. Kleine Häuschen in leuchtenden Farben stehen verstreut auf den Wiesen, große orangefarbene Blüten stürzen wie Kaskaden von einem Felsvorsprung. Schwere feuchte Luft dringt durch das Fenster.

Nach vier Stunden Fahrt erreichen wir Almirante, den kleinen Hafenort, von dem aus wir ein Wasser-Taxi nach Bocas del Toro nehmen müssen. Wir tuckern eine schmale Gasse am Wasser entlang. Die kleinen Bretterverschläge der Taxiunternehmen drängeln sich am Ufer wie Perlen auf einer Kette mit zu kurzer Schnur. Zwei Männer reden laut auf unseren Fahrer ein, zwei weitere hängen an der Ladefläche und greifen nach unseren Koffern. Schwupp, sind sie nicht mehr zu sehen, die Koffer. Ich weiß nicht, worauf ich zuerst achten soll, entscheide mich für das Gepäck, das schon auf dem Weg ist in einer der Bretterbuden. Wortfetzen dringen in mein Bewusstsein, der Name des Fuhrunter-nehmens fällt - doch halt, das ist der falsche Name!
"No, wir wollen zu Bocas Marine Tours."
"Ah! Bocas Marine Tours."
Schwupp, landen die Koffer wieder auf der Ladefläche und endlich halten wir vor dem richtigen Anleger, ein paar Hütten zurück. Unser Fahrer hat kaum sein Honorar in der Tasche verstaut, da hat er schon Kundschaft für die Rückfahrt nach David.
Alles Gute und Danke für den netten Familienausflug!

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