8. März: internationaler Frauentag.

Der erste Frauentag im deutschsprachigen Raum wurde am 19.03.1911 gefeiert, zwei Jahre nach dem weltweit ersten Frauentag in den USA. Ursprünglich ein Kampf um Beteiligung an gesellschaftlicher und politischer Macht, das Wahlrecht für Frauen, etablierte sich während des 1. Weltkrieges eine neue Richtung bei den Forderungen der Frauen: Aus dem Kampf für freie Wahlen wurde ein Kampf für den Frieden.

Mit der Einführung des Frauenwahlrechts 1919 in Deutschland war die zentrale Forderung der damaligen Frauenbewegung erfüllt und ließ Raum für andere Themen, welche die Entwicklung von gleichen Rechten und Chancen vorantreiben ... sollten. 

Und während hundert Jahre später, im Jahr 2019, in einigen Bereichen tatsächlich Erfolge zu vermelden sind - Bildungsstand, Berufswahl und -tätigkeit, Selbstbestimmung in allen privaten und rechtlichen Angelegenheiten und Vieles mehr - hinken wir Frauen in einem Bereich nach wie vor hinterher: Geld.

Angelina Litvin / unsplash.com

Armut 

... ist bekanntlich weiblich.
Und das nicht nur im grammatikalischen Sinn:

Armut, die
Substantiv, feminin
1. Das Armsein; Bedürftigkeit
2. Dürftigkeit, Kümmerlichkeit, Kargheit.“

(http://www.duden.de/rechtschreibung/Armut)

Dan Gold / unsplash.com

Was ist Geld?


Geld ist eine super Sache, sagen die Einen.
Geld ist die Ursache allen Übels, sagen die Anderen.

Es gibt kaum etwas, das so sehr zu unserem Leben gehört und gleichzeitig so stark polarisiert.
"Geld regnet nicht vom Himmel, es wächst nicht auf Bäumen," schreibt Lynne Twist in ihrem Buch "The Soul of Money". 
Nein, Geld regnet tatsächlich nicht vom Himmel, wir Menschen haben es erschaffen.
Und wir erschaffen es täglich neu. Heute wird Geld auf Knopfdruck generiert.
Geld ist eine Erfindung des menschlichen Geistes, um das alltägliche Leben zu erleichtern. Nach dem 14. Jahrhundert löste es den Tauschhandel fast vollständig ab.
Nein, das stimmt nicht ganz. Es ist immer noch ein Tauschhandel. Nur tauschen wir nicht mehr unsere selbst angebauten Kartoffeln direkt gegen die Eier der Nachbarin (die mit den Hühnern), sondern haben ein Substitut dazwischen geschaltet: das Geld. 
Geld ist ein Zwischen-Tauschmittel. Es hat keinen Wert an sich, sondern wir bestimmen, welchen Wert es für uns hat.

Muscheln, Vieh und dicke Steine


Es war auch nicht immer das kleine Stückchen bedrucktes Papier, wie wir es heute kennen. In früheren Zeiten gab es zum Beispiel Muscheln, Vieh, Getreide oder Silber und Gold, manchmal sogar tonnenschwere Steinscheiben wie in Mikronesien. Der (Tausch-)Wert war eine Sache der Verständigung und gestaltete sich nach Absprache.
Das ist bis heute so geblieben, nur sind die bunten Muscheln durch bunte Scheine ersetzt worden und die Absprache findet über die Instrumente eines kaum noch zu durchschauenden Finanzmarktes statt.
Alles bestens, oder?

Wäre es. Wenn...
Wenn wir nicht ständig vergessen würden, dass Geld uns dienen soll und nicht umgekehrt.
Geld sollte uns Menschen das Leben erleichtern. Oft fühlt es sich jedoch für viele von uns an, als würde das Streben nach Geld das Leben ersetzen. 
Zumindest ordentlich erschweren. 
Besonders dann, wenn wir Frauen sind.

Reichtum 

... ist männlich.

Reichtum, der
Substantiv, maskulin
1.a. großer Besitz, Ansammlung von Vermögenswerten, die Wohlhabenheit und Macht bedeuten
1.b. Dinge, die den Reichtum einer Person, eines Landes o.Ä. ausmachen; finanzielle, materielle Güter; Vermögenswerte
2. Reichhaltigkeit, reiche Fülle von etwas.“

(http://www.duden.de/rechtschreibung/Reichtum)

Frauen leisten in der Regel 60% mehr unbezahlte Arbeit als Männer, sie verdienen im Durchschnitt 23% weniger pro Arbeitsstunde als ihre Kollegen und haben im Alter ein deutlich höheres Risiko, von gesellschaftlichen finanziellen Leistungen abhängig zu sein. Und das sind nur wenige der Fakten, die Aufzählung ließe sich wohl noch über etliche Zeilen fortsetzen.
Das heißt nicht, dass es auch viele Männer gibt, die Probleme haben mit dem lieben Geld. Dennoch leben wir in einer Gesellschaft, in der diejenigen, die über das meiste Geld verfügen, Männer sind. Und der größte Teil des Geldes, des Finanzmarktes, der privaten und unternehmerischen finanziellen Budgets, wird von Männern bestimmt. 
Nicht von Frauen und Männern, fast ausschließlich von Männern. 
Der globale Finanzmarkt und alles, was damit zusammenhängt, ist männlich dominiert.

Doch wir müssen gar nicht den ganzen Globus betrachten, in meinem Bekanntenkreis und in meiner Familie generieren in der Regel noch immer die Männer den größeren Teil des Familieneinkommens. Und bis in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts durften Frauen nicht ohne die Genehmigung ihres Ehemannes berufstätig sein oder ein Bankkonto eröffnen. Zum Glück ist diese Unmündigkeit inzwischen aufgehoben.
Auf dem Papier.
Aber auch in unseren Köpfen?

Geld, eng mit dem maskulinen Prinzip verbunden, gilt nach wie vor als Ausdruck von (männlicher) Kraft und Produktivität. Es ist kein Zufall, dass die Definitionen für Armut und Reichtum dem traditionellen Rollenverständnis von Frauen und Männern so sehr ähneln: Frauen sind bedürftig, Männer haben die Macht ... und das Geld.

Das maskuline Prinzip jedoch hat weniger damit zu tun, ob wir eine Frau oder ein Mann sind. Es steht vielmehr für eine Weltanschauung, also für die Antworten auf die Frage, wie wir unser Dasein hier auf der Erde definieren und interpretieren wollen und wie wir unser Denken und Handeln danach ausrichten.
Was bedeutet das?
Generell wird dem maskulinen Prinzip das eher strategische, analytisch-trennende, lineare Denken und Handeln zugeschrieben. Das feminine Prinzip vertritt dagegen das chaotische (weil es nicht linear vorgeht, wird es als chaotisch abgewertet), ganzheitlich-verbindende, zyklische Denken und Handeln. Das Maskuline steht für das Ich, das Einzelkämpfertum, das Feminine für das Wir, das Einbinden/Eingebundensein in Beziehungen. Beide haben für sich ihre eigene Berechtigung. Ohne unsere Fähigkeit, strukturiert zu denken, würden wir Menschen vermutlich immer noch in Höhlen hausen. Das Problem ist nicht diese Aufteilung an sich, das Problem ist die Zuschreibung der beiden biologischen Geschlechter auf jeweils eines dieser Prinzipien. Die Festlegung von Frauen und Männern auf das feminine bzw. maskuline Prinzip und die damit verbundene Bewertung.

Frauen, Geld und Macht


Das maskuline Prinzip war über ca. sechs bis acht Jahrtausende das vorherrschende. Und ist es immer noch. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein analytisch-trennendes Prinzip alles, was anders ist, ausgrenzt und abwertet.
Oder erst abwertet, um es dann mit ruhigem Gewissen ausgrenzen zu können. 

Dieses Prinzip kennen wir sehr genau, wir alle haben es mit unserem ersten Atemzug förmlich inhaliert. Natürlich kennen wir auch das feminine Prinzip, auch diese Anteile haben wir durch das Hineinwachsen in unsere Kultur aufgenommen. Doch wir haben nicht nur die Prinzipien an sich übernommen, wir haben gleichzeitig auch die Wertungen, Bewertungen dieser Prinzipien erlebt und in unser inneres Navigationssystem integriert. Das ist auch richtig so, denn nur so können wir in der Kultur überleben, in die wir hinein geboren sind. In unserem Kulturkreis, und ich behaupte in allen Kulturkreisen der heutigen Zeit, wurde und wird das maskuline Prinzip auf- und das feminine Prinzip abgewertet. 

Doch diese einseitige und starre Fokussierung auf eine Seite, verbunden mit einer Negierung der anderen Seite, fordert nach Jahrtausenden nun ihren Tribut.
Es ist Zeit.
Zeit für Veränderung.

Bist Du dabei? Was müssen wir deiner Meinung nach verändern, um endlich der femininen Seite des Geldes die Bedeutung zu geben, die ihr zusteht? Schreibe deine Ideen in die Kommentare.

Charlotte Karlsen / unsplash.com

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